„Zu wissen, dass mit dir etwas nicht stimmt, reicht weder um zu wissen, was genau dich anomal macht, noch dafür, sich entsprechend anzupassen, falls du es herausfindest.“
Quelle: Murray, D., (2006). Impact of a Dysfunctional World [Auswirkungen einer gestörten Welt]. Autismus-Kultur, zuletzt bearbeitet am 06.03.2019. URL https://autismus-kultur.de/autismus/politik-1/auswirkungen-einer-gestoerten-welt.html [aufgerufen am 13.07.2019].
Ich habe mich seit der Diagnose gefragt, ob ich soziale Kommunikation und Interaktion bei genügend Übung tatsächlich so lernen kann, dass ich meine autistischen Schwierigkeiten gut genug – optimal auf Normallevel – bewältigen kann. Meine Antwort darauf ist: Vermutlich nicht.
Gelingende Kommunikation war zeitlebens ein sehr wichtiges Thema für mich. Seitdem ich mich vor dem Hintergrund meiner Autismus-Diagnose erneut mit Kommunikation beschäftige, weiß ich, in welchen Bereichen typische autistische Schwierigkeiten vorliegen können. Nur: Das Wissen um das potentielle Vorliegen diese Schwierigkeiten beinhaltet leider nicht automatisch auch das Wissen, wie meine autistischen kommunikativen Schwierigkeiten sich in jedem einzelnen Gespräch manifestieren. Ich weiß überwiegend erst einige Zeit nach einem Gespräch, was konkret schiefgelaufen ist. Weil ich genügend Zeit habe, im Nachgang das Gespräch immer und immer wieder auf mögliche Fehler und Missverständnisse durchzugehen. Weil ich andere fragen kann, die mir Inhalte und Vorkommnisse übersetzen. Während des Gespräches selbst fällt es mir entweder nicht schnell genug auf, um noch intervenieren zu können oder ich bin zu überlastet, so dass ich trotz Wissen, dass da gerade eben etwas schiefläuft, nicht handlungsfähig bin. So hilfreich das Wissen für mich ist, um überhaupt einmal verstanden zu haben, welche Schwierigkeiten aus welchen Gründen auftreten können – dieses Wissen beinhaltet leider nicht die plötzliche Fähigkeit, akute Schwierigkeiten in der Kommunikation tatsächlich besser zu bewältigen.
Ein Bewältigungsversuch war und ist es, dass ich mich im Nachhinein schriftlich erkläre. Denn schriftlich fällt es mir viel leichter. Ich tue das deshalb, weil ich denke, wenn ich nur genügend erkläre, wie ich funktioniere, warum ich reagiere, wie ich reagiere, und wie es dazu kam, dass es kommunikative Schwierigkeiten gab, dann müssten sich Verständnisschwierigkeiten eigentlich geben, weil mich mein Gegenüber dann ja besser versteht. In der Ergotherapie habe ich ein Schema gelernt, damit meine Äußerungen nicht als Vorwurf beim Gegenüber ankommen und ich meine Bedürfnisse klar formuliere. Zuerst schildere ich meine Wahrnehmung, also das, was passiert ist (z.B. kurzfristige Terminverschiebungen und einseitige Änderung von Vereinbarungen). Danach versuche ich, darzustellen, was das mit mir gemacht hat, also mein inneres Gefühlserleben zu beschreiben (Verwirrung, Verunsicherung, Angst, Beunruhigung, Ärger). Außerdem – weil ich nicht anders kann, als auch kognitiv an Dinge heranzugehen, erläutere ich noch die logischen Konsequenzen, die sich für mich daraus ergeben (in diesem Beispiel, dass ich nicht weiß, welche Äußerungen wahr sind, auf was ich mich verlassen kann und deshalb kein Vertrauen in mein Gegenüber haben kann). Anschließend teile ich meine Bedürfnisse mit (nach Verlässlichkeit, nach Vorhersehbarkeit, Sicherheit). Zum Schluss äußere ich meine Bitten (Verbindliche Terminabsprache, Einhalten von Vereinbarungen, alternativ eine Erklärung, weshalb das nicht möglich gewesen ist).
Schriftliches wird bei mir stets ziemlich lang. Selten erhalte ich daraufhin längere Antworten, die in meinen Augen erkennen lassen, dass mein Gegenüber mich tatsächlich verstanden hat. Deshalb kann es vorkommen, dass ich auf eine solch kurze oder mich unsicher zurücklassende Antwort gleich noch ein Schreiben verfasse – selbstverständlich noch länger – in dem ich mich vertieft erkläre. Wenn mir mein Gegenüber antwortet, dass es verstanden hat (auf das obige Beispiel bezogen, dass ich Sicherheit und Klarheit über getroffene Vereinbarungen brauche), denke ich: Wunderbar, jetzt wird alles gut. Nur leider änderte sich danach an weiteren kurzfristigen Terminverschiebungen nichts. Mein Gegenüber kam ab und an auf meine schriftlichen Erklärungsversuche zurück, allerdings nur in Bezug auf deren Länge (zu lang).
Es war oft der Fall, dass sich Verständnisschwierigkeiten nicht gaben, obwohl ich versucht hatte, sie schriftlich abzuklären und noch häufiger der Fall, dass sich die Dinge, die zu Schwierigkeiten geführt hatten, nicht änderten. Trotzdem versuche ich es immer wieder, wenn etwas schiefgelaufen ist. Zum einen aus einem autistischen? Beharren heraus, zum anderen, weil ich einfach gern schreibe. Für mich hat Schreiben viele Vorteile, ich habe ausreichend Zeit zu überlegen, was ich wie ausdrücke, ich sortiere so Dinge und kläre inneres Chaos durch den Schreibprozess. Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es mit irgendwem dann doch einmal klappen wird.
Alternativ versuche ich, wenn es mit jemandem zu Verständnisproblemen und Missverständnissen kommt und ich das bemerke, das beim nächsten Treffen im direkten Gespräch zu klären. Wenn ich dabei aber an jemanden geraten bin, dessen Ausdrucksweise wort- und bilderreich ist, kann so ein Klärungsversuch zu noch größeren Schwierigkeiten führen. Ich neige dazu, die meisten Dinge wörtlich zu verstehen. Wenn jemand seine Inhalte mit Metaphern, Sprichwörtern und Redensarten garniert, führt das wegen meines automatisch ablaufenden, also nicht zu unterdrückenden Kopfkinos zu einigen Irritationen. Denn was bildhafte Sprache so schwierig macht ist, dass ich mir vieles bildlich vorstelle und mir Gedanken darüber mache, ob das Gesagte an sich Sinn macht. Machmal belustigen mich die Bilder in meinem Kopf so, dass ich mir das Lachen nicht verkneifen kann, was bei ernsten Gesprächsthemen dann meinen Gesprächspartner irritiert.
Oder ich bin völlig irritiert, weil das Bild für mich unlogisch ist. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass ich bei dem Bild hängenbleibe und dem Gespräch nicht mehr folgen kann. In der Arbeit hatte mir einmal ein Kollege, der gerade viel Stress hatte, beispielsweise gesagt: „Du kannst mich erschießen, aber das schaffe ich nicht auch noch.“ Mir fiel dazu sofort ein: Ich kann dich nicht erschießen, weil ich keine Waffe habe. Weiter: In die Tat umgesetzt, wäre das keinesfalls eine Lösung. Sondern würde nur eine ziemliche Sauerei im Büro, mich ins Gefängnis und noch mehr Arbeit und weniger Zeit sie zu erledigen bringen, weil neben dem Wegputzen der Sauerei zusätzlich dazu, dass die verbliebenen Kollegen meine und die Arbeit des von mir Erschossenen übernehmen müssten, Zeit für den Besuch der Beerdigung und für die Bewältigung des traumatischen Erlebnisses aufgewendet werden müsste. Während ich diesen Gedankengängen nachhing, redete der Kollege selbstverständlich weiter. Nur was er sagte, weiß ich bis heute nicht. Was auch manchmal passiert ist, dass ich nachfrage, ob meinem Gesprächspartner klar ist, was er da gerade eben gesagt hat, wenn er ein für mich seltsames Bild verwendet.
Leider kann mein wörtliches Verstehen auch zu schwerer wiegenden Missverständnissen führen. Denn hier zeigt sich immer mal wieder, dass ich zwar glaube, viele Metaphern, Sprichwörter und Redewendungen zu kennen, sich aber irgendwann herausstellt, dass ich sie nur kenne, aber bislang unzureichend bzw. nur teilweise richtig dekodiert habe. Als mir jemand sagte, es sei seine Aufgabe, „den Finger in die Wunde zu legen„, übersetzte ich das mit: Diese Person wird mich wiederholt auf einen wichtigen Punkt hinweisen. Erst nachdem ich jemand anderem davon erzählt hatte, klärte der mich über die wahre Bedeutung der Redensart auf. Also wurde mir viel zu spät bewusst, dass ich etwas Wichtiges falsch verstanden hatte. Denn gemeint war, dass dieser jemand das Selbstverständnis hatte, er habe die Aufgabe und damit ein Recht darauf, mich deutlich und auf unangenehme Weise auf ein von ihm erkanntes Übel hinweisen zu dürfen.
Das von der Person erkannte Übel war nicht einmal eines. Mein als Übel identifiziertes Verhalten resultierte aus meiner autistischen Reaktion auf für mich unpassende Lösungsvorschläge. Ich sagte nämlich erst einmal einfach nur Nein (automatische Erstreaktion von mir auf jedwede Veränderung, die von außen an mich herangetragen wird). Als das Thema das nächstemal angesprochen wurde, reagierte ich mit logischen Gegenargumenten – zumindest waren die Argumente in meinen Augen völlig logisch. Mein fehlendes Vorstellungsvermögen, dass es für einen Nichtautisten evtl. nicht logisch ist, weil der meine Hinderungsgründe nicht aus eigenem Erleben kennt und deshalb nicht als real existente Hinderungsgründe akzeptieren konnte, trug auch nicht zur Klärung des grundlegenden Missverständnisses bei. Es kam mir einfach nicht in den Sinn, dass jemand es nicht genauso wie ich sehen könnte.
Bis ich darauf kam, dass mir ein absichtliches Fehlverhalten unterstellt wurde, das vorschnell und ohne meine nachträglichen Gegenargumente zu beachten als Übel bewertet wurde und es demzufolge als rechtens empfunden wurde, mich abwerten zu dürfen, und überdies die Abwertung nichtmal als solche erkannt wurde, verging einige Zeit. Ich fühlte mich ungerecht behandelt, diskutierte etliche Male mit der Person, stellte aber nie in Frage, ob es tatsächlich deren Aufgabe war, mich wiederholt auf etwas Wichtiges hinzuweisen. Wenn ich die Redensart „den Finger in die Wunde legen“ von Vorneherein richtig übersetzen hätte können, hätte ich deren Aufgabenverständnis sofort in Frage stellen können, denn diese Person hatte eigentlich die Pflicht, mich in jedem Fall wertschätzend zu behandeln.
Es gibt unglaublich viele Metaphern, Sprichwörter und Redensarten. Früher dachte ich, weil ich wegen meines exzessiven Lesens viele davon kenne, dass ich keine Probleme mit dem Verständnis haben würde. Nur ist das offenbar nicht der Fall. Aber selbst wenn ich mich ab jetzt hinsetze und von denen, die ich im Internet finde, die vollständige Bedeutung auswendig lerne, wird es passieren, dass mir Unbekannte begegnen. Und das wird in Kombination mit meinen autistischen Einschränkungen vermutlich weiterhin zu Übersetzungsfehlern mit mehr oder minder weitreichenden Folgen führen. Ich befürchte, dass ich diese Kommunikationsbarriere nie vollkommen meistern werde.
Eine weitere Folge des wörtlichen Verstehens ist meine mich bereits lebenslang begleitende Eigenart, auch auf rhetorische Fragen zu antworten. Das hat schon oft zur allgemeinen Erheiterung beigetragen, aber auch zu nicht ganz so lustigen Situationen geführt. Auf die von mir so verstandene Frage: „Was glauben Sie, wie anstrengend das für mich ist?“ erwiderte ich natürlich: „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie anstrengend ist es denn?“ Dabei wollte derjenige mit Hilfe der rhetorischen Frage, auf die er kein Eingehen in Form einer konkreten Nachfrage erwartete, einfach nur betonen, dass es für ihn sehr anstrengend war.
Eine weitere Schwierigkeit in der Kommunikation mit mir – ich habe hierzu schon einmal einen Beitrag geschrieben – ist, dass ich Widersprüche garantiert anspreche, statt sie höflich zu übergehen. Der rhetorischen Frage wurde nämlich noch hinzugefügt, dass man mir das nicht sagen würde, weil man sich frage, was es solle, wenn man mir das erzählen würde. In meinen Augen ist es immer noch widersinnig, darauf hinzuweisen, etwas nicht zu sagen und es damit trotzdem zu sagen. Also sagte ich das auch. Nicht, weil ich querulatorisch veranlagt bin, sondern, weil es ein Widerspruch ist und ich erst, nachdem ich darauf reagiert hatte, erkannte, dass es besser gewesen wäre, zu schweigen.
Ich spreche über interessante Inhalte gerne länger mit anderen. Und ich spreche mit anderen, um Dinge zu klären. Aber auch die Länge von Gesprächen kann ein Problem darstellen. Denn wenn jemand einen hohen Gesprächsanteil hat und Sachverhalte weiträumig umschreibt, habe ich auch ohne weitere störende Rahmenbedingungen, wie Lärm oder ablenkende Umgebung, je nach Energielevel Mühe, Relevantes aus einem Wortschwall herauszufiltern. In so manchen Klärungsgesprächen habe ich deshalb zwischendurch überlastungsbedingt einfach abgeschaltet. Das hat ganz sicher nicht zur Klärung beigetragen. Ich weiß nur immer noch nicht, was ich gegen das quasi automatische Abschalten unternehmen kann. Ich habe bereits versucht, mit Hilfe von Pausen (ich verlasse den Raum für ein paar Minuten) in wichtigen oder klärenden Gesprächen gegenzusteuern. Das geht aber nur, wenn es nicht mehr als zwei Personen sind. Andernfalls ist meine Erfahrung, dass die im Raum verbliebenene Personen sich weiter über das zu klärende Thema austauschen und mir dann wegen meiner Pausen auch Inhalt fehlt. Bei nur einem Gegenüber kann es passieren, dass das Gespräch nach der Pause nicht mehr fortgeführt wird, weil die Person sich dann bereits mit anderen, für sie ebenso wichtigen Dingen beschäftigt.
Ich habe auch versucht, Klärungsgespräche zeitlich zu begrenzen. Aber ich kann nie im Voraus sagen, wann ich abschalte, das passiert ganz plötzlich. Ich brauche nämlich Zeit, um einen Body- und Befindens-Check zu machen, indem ich in mich hineinhorche und versuche, herauszufinden, wie hoch mein Restenergielevel ist. Diese Zeit habe ich aber während eines laufenden Gespräches nicht. Es wird also vermutlich so bleiben, dass ich Gespräche im Nachhinein zwar gut reflektieren bzw. analysieren kann, mir aber evtl. wichtige Inhalte fehlen werden, wenn ich wieder einmal im Abschaltmodus gelandet bin.
Mir bleibt nur, es wie bisher zu händeln. Ich greife Themen, bei denen ich noch Diskussionsbedarf habe, die für Andere jedoch wegen des erfolgten Klärungsgespräches eigentlich abgehandelt sind, wiederholt auf. Das kann zu einem gewissen Grad an Unmut und manchmal zu Vorhaltungen führen, ich würde eigentlich bereits geklärte Themen immer wieder zur Sprache bringen und Kritik unnötig oft wiederholen. Das passiert selbst dann, wenn ich versuche, die Sache mit meinem Abschalten zu erklären. Eine Reaktion darauf war: „Und warum hast du nicht gleich gesagt, dass du das nicht mehr mitbekommen hast?“ Mein Einwand, dass diese Frage unlogisch ist, denn wenn ich abschalte, weiß ich ja nicht, was ich nicht mehr mitbekommen habe und mein Erklärung, dass es mir in so einem Zustand einfach nicht möglich ist, mich zu erklären, braucht ein verständnisvolles und bemühtes Gegenüber, das mich lang genug kennt, um solche Situationen miterlebt zu haben oder das nicht in Zweifel zieht, was ich sage.
Womit ich in Gesprächen immer noch überhaupt nicht zurechtkomme, sind ambivalente Aussagen. So etwas führt bei mir zu massiver Irritation. Zumindest so lange, bis ich dahintergekommen bin, was genau nicht stimmt. Anfangs habe ich nur den vagen Eindruck, dass irgendetwas an der Argumentation grundlegend seltsam ist. Ich bemerke Ambivalenz am ehesten an den Widersprüchen und der Unvereinbarkeit bzw. Unmöglichkeit, richtig zu reagieren. Die Folgen daraus sind bei mir extreme Erschöpfung nach Gesprächen, in denen jemand ambivalente Aussagen macht. Wenn jemand dann zusätzlich meine Wahrnehmung in Zweifel zieht, bin ich verunsichert. Und gleich darauf getriggert. Denn meine Wahrnehmung ist mir im Leben einmal zu oft abgesprochen worden, so dass ich regelrecht allergisch und sehr ungehalten darauf reagiere, wenn das wieder einmal passiert.
Für manche Personen, die mir in meinem bisherigen Kommunikationserleben begegnet sind, war es offenbar ein beliebtes Mittel, mir zu sagen, ich hätte sie falsch verstanden. Sie hätten doch etwas ganz Anderes gemeint. Aufgrund dieser Erfahrungen erwidere ich in solchen Fällen inzwischen: „Warum sagst du dann nicht einfach das, was du gemeint hast?“ Es wird sich wohl auch in der Zukunft nicht ändern, dass ich nicht erkenne, dass etwas Anderes gemeint war, als gesagt wurde. Ich habe keine telepathischen Fähigkeiten und werde sie vermutlich auch niemals entwickeln. Ich habe nur die Worte und muss darauf vertrauen können, dass genau das gemeint ist, was gesagt oder geschrieben wurde. Gelingende Kommunikation mit mir bedeutet, dass niemand erwarten sollte, dass ich Ungesagtes erkenne oder „zwischen den Zeilen lese“. Ich höre und sehe da nichts. Es führt nur zu Frustration auf beiden Seiten, wenn erwartet wird, dass ich das doch gefälligst endlich gelernt haben hätte müssen. Habe ich aber nicht. Für alle Seiten befriedigender ist also, wenn ohne Doppelbotschaften und ohne die Erwartung an mich, dass ich Ungesagtes erkenne und richtig deute, kommuniziert wird.
Was erfahrungsgemäß ebenfalls in der Kommunikation mit mir garantiert zu Schwierigkeiten führt ist, wenn Druck ausgeübt wird. Es mag sein, dass Druck bei anderen ein probates Mittel ist und die Ausübung von Druck bei ihnen eine positive Verhaltensänderung eines nicht erwünschten Verhaltens bzw. eine Problemlösung bewirkt. Bei mir funktionierte das nur noch nie. Druck erzeugt bei mir keine Verhaltensänderung und hilft auch nicht, das akute Problem zu lösen. Druck führt bei mir seit der Kindheit zu einer immer gleichen Reaktion. Er erzeugt Anspannung, verengtes Denken, Panik und in der Folge Kommunikationseinschränkungen (aggressiver Tonfall, Wortfindungsstörungen, Einsilbigkeit, erhöhte Antwortlatenz), Handlungsunfähigkeit (ich verbleibe quasi gelähmt in der Gesprächssituation, weil ich mich buchstäblich nicht einmal mehr wegbewegen kann) oder führt zu akuten Überlastungsreaktionen (ich reagiere mit Zittern und / oder – im schlimmsten Fall hemmungslosem – Weinen). Je höher der Druck – z. B. wenn jemand mir sagt, wenn ich dies-und-das tue, dann wird [hier möglichst angstmachende Folge für mich einsetzen] passieren – desto heftiger erfolgt meine Reaktion. Jede Reaktion ist energieaufwändig. Je öfter und je heftiger die Reaktion, desto weniger Energie steht mir zur Verfügung, um das eigentliche Problem zu lösen. Dazu kommt die Eigenart von Autisten, nicht zu habituieren, d.h. ich gewöhne mich nicht an kontraproduktiven Umgang mit mir und kann nicht irgendwann gelassener und kompetenter mit solchen druckerzeugenden Gesprächssituationen umgehen.
Zu einer gelingenden Kommunikation gehören bekanntlich immer mindestens zwei Kommunikationspartner. Die in diesem Beitrag beschriebenen Kommunikationsschwierigkeiten begleiten mich schon mein Leben lang. Wenn ich schreibe, dass ich vermute, dass ich es nie lernen werde, diese Hürden zu überwinden, heißt das nicht, dass ich nicht weiterhin versuchen werde, zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Ich finde es nur wichtig, die Sachlage realistisch zu betrachten. Ich denke, es ist auch ein Akt der Selbstfürsorge, zu erkennen, wo meine Grenzen sind. Es ist außerdem wichtig für beide Seiten, sich nicht der Illusion hinzugeben, dass ich irgendwann dann doch noch normal werde in meinem Kommunikationsverhalten. Das wird nicht passieren – dieses Ziel zu verfolgen, macht meiner Meinung nach keinen Sinn. Weiterhin zu versuchen, besser mit den Hürden zu leben, dagegen schon.